tagesspiegel.de | 27.01.2020
Der neue Verdi-Vorsitzende hat keine Angst vor Widersprüchen. Frank Werneke möchte die „Erosion des Tarifsystems stoppen“, das sei die wichtigste Aufgabe in den kommenden Jahren. Gleichzeitig legt sich der Spitzengewerkschafter ins Zeug für eine Erhöhung des Mindestlohns auf zwölf Euro durch den Gesetzgeber. Wenn das so käme, hätte der Staat einen Stundenlohn festgesetzt, der über den unteren Einkommen in vielen Tarifverträgen liegt. Wozu braucht es künftig noch Tarifverträge, wenn der Staat das Geschäft der Tarifpartner übernimmt? Warum sollten Firmen einem Tarifverband beitreten, wenn die Politik die Löhne bestimmt? Der höhere Mindestlohn wird die Erosion des Tarifsystems verstärken. Das nimmt Werneke in Kauf.