Mitglieder-Pressemitteilung

Die gewaltsamen Ausschreitungen rund um das Kapitol in Washington D.C., dem Sitz des Kongresses der USA, zeigen die besondere Bedeutung des Schutzes politischer Institutionen. Der Schutz von Parlamenten unterliegt dabei besonderen Herausforderungen. Auch in Deutschland kam es im vergangenen Jahr zu Störungen im und am Bundestag.

Parlamente sind ein konstituierendes Element einer repräsentativen Demokratie. In ihnen debattieren die gewählten Volksvertreter politische Fragestellungen und beschließen Gesetze. Die Gesetzgebung bildet die Grundlage für die exekutiven Befugnisse des Staates und ist Maßstab für die judikative Gewalt. Die Arbeit der Parlamente ist daher von herausragender Bedeutung für ein demokratisches Staatswesen. Daraus ergeben sich Anforderungen an die Gestaltung der parlamentarischen Arbeit, aus denen besondere Schutzbedürfnisse gegenüber Störungen und besondere Rahmenbedingungen für Sicherheitsmaßnahmen resultieren.

Eine grundlegende Besonderheit folgt aus dem Grundsatz der Gewaltenteilung. Der organisatorischen Trennung der Staatsgewalten entsprechend darf die Polizei als Teil der Exekutivgewalt nicht ohne weiteres im Verantwortungsbereich eines Parlamentes tätig werden. Stattdessen gilt der erstmalig in der Weimarer Reichsverfassung festgelegte Grundsatz, dass die Präsidenten eines Parlamentes zugleich die Polizeigewalt über die dem Parlament zugeordneten Gebäude und Liegenschaften ausüben. Für den Bundestag ist dieser Grundsatz in Art. 40 Abs. 2 GG festgelegt, wonach die Parlamentspräsidenten sowohl das Hausrecht als auch die Polizeigewalt ausüben und polizeiliche bzw. staatsanwaltschaftliche Maßnahmen durch sie zu genehmigen sind. Dies bedeutet zugleich aber auch, dass typische polizeiliche Maßnahmen der Gefahrenabwehr ebenfalls in Verantwortung des Parlaments zu erbringen sind. Im Bundestag werden diese Aufgaben vorrangig durch die eigenständige Bundestagspolizei wahrgenommen.

Die Landtage orientieren sich weitgehend an diesen Regelungen, wobei sie jedoch keine eigenen Polizeibehörden aufgestellt haben. Die Wahrnehmung von Polizei- bzw. Ordnungsgewalt und Hausrecht erfolgt vielmehr durch Angestellte der Landtagsverwaltung, durch den Einsatz von Sicherheitsdienstleistungsunternehmen und die Abstimmung von Unterstützungsleistungen durch die jeweilige Landespolizei.

Unabhängig von der Organisation gibt es aus Sicht des Sicherheitsmanagements weitere Besonderheiten, die in einem Parlament zu beachten sind. So unterliegt die Arbeit der Parlamentarier einem besonderen Schutz, welcher sich u. a. in der Immunität – dem Schutz vor Strafverfolgung – und der Indemnität – dem Schutz vor Strafverfolgung aufgrund einer Abstimmung oder Rede im Parlament – ausdrückt. Dabei kann die Immunität vom Parlament aufgehoben werden, die Indemnität jedoch nicht, solange die Äußerungen nicht verleumderisch und verunglimpfend sind. In ähnlicher Weise sind auch bestimmte Räumlichkeiten wie Abgeordnetenbüros besonders geschützt. Aufgaben und Kompetenzen der jeweils für die Sicherheit Verantwortlichen müssen an diese rechtlichen Rahmenbedingungen angepasst sein.

Weitere Aufgabenschwerpunkte ergeben sich aus der staatsorganisatorischen Bedeutung der Parlamente. Dazu gehören sowohl die Informationssicherheit als auch die Gewährleistung der Öffentlichkeit von Diskussionen und Veranstaltungen, die Einhaltung der Hausordnung als Rahmen für die parlamentarische Arbeit sowie die Sicherstellung einer kontinuierlichen Arbeitsfähigkeit der Parlamentarier und Mitarbeiter. Dabei können die unterschiedlichen Aufgabenfelder durchaus zu Zielkonflikten führen. Eine in anderen Organisationen denkbare Reduzierung einzelner Risiken durch eine technische oder bauliche Abschottung würde jedoch dem Grundgedanken der parlamentarischen Demokratie widersprechen. Weitere Aufgaben können sich aus der Nutzung von Gebäudeteilen für Veranstaltungen oder Museen ergeben, wie es etwa beim "schönsten Landtagssitz Deutschlands", dem Schweriner Schloss, der Fall ist.

Ein Blick in die Vergangenheit zeigt am Beispiel des Bundestages welche Herausforderungen in der Praxis auftreten können. So stellte sich etwa die Vielfalt an Ausweiskategorien als Problem für die Kontrolle der Zutrittsberechtigungen dar, mussten ein partieller Stromausfall infolge eines bei einer Baumaßnahme durchtrennten Kabels kompensiert und Hackerangriffe bewältigt werden. Dabei ist immer auch zu berücksichtigen, dass ein Parlament eine lebendige Organisation ist, deren Zusammensetzung sich in regelmäßigen Abständen verändert. Alles in allem ist die Gewährleistung der Sicherheit eines Parlamentes damit ein zwar selten beachtetes, aber dennoch vielschichtiges und herausforderndes Aufgabenfeld.

Prof. Dr. André Röhl ist Studiengangleiter Sicherheitsmanagement (B.A.) und befasste sich von 2009 bis 2011 als Referent im Inneren Dienst der Landtagsverwaltung Mecklenburg-Vorpommer mit Themen der Haussicherheit in Parlamenten. Kontakt: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!.

Über die NBS Northern Business School – University of Applied Sciences
Die NBS wurde 2007 auf Initiative von Unternehmen und Verbänden in Hamburg ins Leben gerufen, um gezielt Studiengänge anzubieten, die auf die Bedürfnisse des norddeutschen Wirtschaftsraums zugeschnitten sind. Die NBS ist eine staatlich anerkannte Hochschule, die Vollzeit-Studiengänge sowie berufs- und ausbildungsbegleitende Studiengänge in Hamburg anbietet. Zum derzeitigen Studienangebot gehören folgende Studiengänge: Betriebswirtschaft (B.A.), Sicherheitsmanagement (B.A.), Soziale Arbeit (B.A.), Business Management (M.A.) und Real Estate Management (M.Sc.).

Pressekontakt:
Kathrin Markus
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